Atemübungen

Der Spielsonntag begrüßt uns mit blauem Himmel und herrlicher Frühlingsluft. Angenehm ist auch die kurze Anfahrt zum Spiellokal in Augsburg, wo der Schachklub Kriegshaber für Frischluftverächter sogar ein Raucherzimmer bereitstellt. Von der Papierform her scheint das Match eine einseitige Angelegenheit zu werden, haben wir doch an jedem Brett DWZ-Vorteile, im Durchschnitt fast 100 Punkte. Aber mit dieser Erkenntnis allein hat man noch selten einen Wettkampf gewonnen…

In drei Partien ist die Luft ziemlich schnell draußen. Ron und sein Gegenüber nutzen die geöffnete c-Linie zum Abtausch aller Schwerfiguren und reichen sich bald darauf die Hände. Uli setzt als Nachziehender die Strategie „Ausgleich durch Abtausch“ erfolgreich um. Bei symmetrischer Bauernstruktur gehen den Kontrahenten nach dem Verschwinden dreier Leichtfigurenpaare die Ideen aus, man einigt sich auf remis. Am 2. Brett ist das Ergebnis das gleiche, der Weg dahin aber interessanter. Nach entgegengesetzten Rochaden opfert Marios Gegner die Qualität um Marios Riesenspringer zu beseitigen und Angriffschancen zu erhalten. Mario steht der Sinn nicht nach Verteidigung, sein sofortiges Rückopfer erstickt alle Ambitionen und führt unmittelbar zur Punkteteilung

Den Sonderpreis für kreative Eröffnungsbehandlung verdient sich zweifelsohne Bernd. Nach gerade mal 8 Zügen hat er nicht nur den f-Bauern im Stil des Königsgambits geopfert, sondern auch seinen König in die aktive Frontposition d3 überführt – die Kiebitze vor Ort schnappen nach Luft und Steinitz lässt einen anerkennenden Pfiff aus dem Jenseits hören. Auch sein Gegner scheint beeindruckt und setzt zunächst recht zaghaft fort. Wenige Züge später steht Bernds König sicher auf b1 und sein mächtiges Zentrum dominiert das Spielgeschehen. Die unkonventionelle Stellung bleibt jedoch schwer zu spielen. Nach beidseitigen Irrungen und Wirrungen mündet die Partie schließlich in ein – angesichts der gezeigten Kreativität – irgendwie gerechtes Unentschieden.

Toms Gegner erscheint bestens präpariert in einem seltenen Najdorf-Abspiel. Nach vielfachem Figurentausch kommt der Bauerngewinn im Turmendspiel zu spät, um am Remisausgang noch etwas zu ändern. Damit lautet der Zwischenstand 2,5:2,5 und die Prognosen für die drei laufenden Partien sind noch recht unsicher. Die Luft zum Matchgewinn scheint dünn zu werden…

Bei Franz steht nach wechselhaftem Partieverlauf ein ausgeglichenes aber heikles Endspiel mit Damen und ungleichfarbigen Läufern auf dem Brett. Sein Gegner verkennt die Gefahren dieser Konstellation und spielt materialistisch auf Bauerngewinn. Den Bauern gewinnt er tatsächlich, im Gegenzug aber pustet Franz seinem Monarchen auf den weißen Feldern das Licht aus.

Nach ungenauem Eröffnungsspiel des Anziehenden ergreift Christian früh die Initiative und gibt sie nicht mehr her. Zwischendurch lässt er seinen Gegner zwar nochmals kurz Luft schnappen, erhöht dann aber rechtzeitig wieder den Druck. Schließlich kommt die Erntezeit, im Turmendspiel fallen die weißen Bauern wie überreife Früchte. Die Gröbenzeller atmen durch, denn damit steht der doppelte Punktgewinn für die Mannschaft fest.

Karsten erarbeitet sich in einem zähen Abtauschslawen nach und nach Stellungsvorteile. Unverhofft leitet sein Gegner mit einem Qualitätsopfer eine taktisch geprägte Phase ein. An deren Ende hat Karsten Turm und zwei Bauern gegen zwei Springer erobert, doch die agilen Pferdchen machen ihm das Leben richtig schwer. In der Zeitnotphase rettet sich Karsten in ein Endspiel, in dem die gegnerische Mehrfigur durch seine Freibauern und den aktiveren König neutralisiert wird.

Mit dem längeren Atem haben wir den Wettkampf 5:3 für uns entschieden, nicht gerade in grandiosem Stil, aber auch nicht unverdient. Das ist die Erkenntnis der Nachbetrachtung im Riegele-Biergarten, wo wir uns die Sonne aufs ausgelaugte Gehirn scheinen lassen. Da Deggendorf parallel 6:2 gegen Tarrasch München gewonnen hat, ist die Aufstiegsfrage in der Landesliga Süd geklärt. In der Schlussrunde gegen Haunstetten geht es außer der sportlichen Ehre nur noch um die Frage, wer sich Vizemeister nennen darf.

(cg, 03.04.2017)

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