In der Schlussrunde kommt Haunstetten zum Verfolgerduell in die Gröbenzeller Alte Schule. Unter anderen Umständen hätte das der entscheidende Wettkampf um die Meisterschaft sein können. Da sich aber Deggendorf mit einem lupenreinen Durchmarsch den Aufstieg in die Oberliga vorzeitig gesichert hat, kommt die ganz große Spannung nicht mehr auf. Dennoch sitzen die Spieler schon kurz vor 10 Uhr ungeduldig an den Brettern, bereit die letzte Schlacht der Saison zu schlagen. Die Aufstellungen lassen ein enges Match erwarten.
Zunächst läuft es aus unserer Sicht bestens. IM Safyanowsky wählt eine harmlose Variante gegen Rons Königsinder und bietet bereits nach 16 Zügen die Punkteteilung an. Gegen den frühen Feierabend hat Ron nichts einzuwenden.
Bertl signalisiert schon mit 4.h4!? Kampfbereitschaft, weitere unkonventionelle Züge sind so tief (6.d5!?/?!, 9.Lb5?!/!?), dass sie nicht nur die Kiebitze verwirren, sondern auch seinen Gegner. Kurze danach lässt Bertl ein Figurenopfer folgen, das objektiv wohl nicht ganz korrekt ist, das Nervengerüst seines Kontrahenten aber endgültig zerrüttet. Chapeau Bertl, diese Partie ist wahrhaftig alles andere als Lehrerschach!
Auch Tom gibt einem konventionellen Spanier mit 13…Sh5!? bald eine besondere Note und geht in der Folge aggressiv vor. Die taktischen Verwicklungen berechnet er besser als sein Kontrahent und erreicht schließlich ein Endspiel mit Mehrbauer. Wegen der aktiven weißen Figuren macht die Verwertung zunächst Schwierigkeiten. Kurz vor der Zeitkontrolle unterläuft seinem Gegner aber der entscheidende Fehler und Toms Freibauer entscheidet.
Damit lautet der Zwischenstand es 2,5:0,5 zu unseren Gunsten, und da auch die übrigen Partien überwiegend keinen so schlechten Eindruck machen, sollte eigentlich ein komfortabler Matchgewinn drin sein. Stattdessen verbreitet sich unter den Gröbenzellern in Windeseile ein Stolpervirus und eine Partie nach der anderen kippt nach verpassten Gelegenheiten in den Orkus.
Karsten hat nach der Eröffnung zunächst eine gedrückte Stellung. Anstatt seinen Raumvorteil solide abzusichern, wirft IM Grimberg jedoch plötzlich seine Bauern ungestüm nach vorne. Cool wie immer schnappt sich Karsten zwei Bauern am Königsflügel und setzt auf die Widerstandskraft seiner Stellung. Das hätte nach einem sofortigen Marschbefehl für seinen Freibauern in der h-Linie wohl auch bestens funktioniert. Karsten möchte zunächst seinen Turm aktivieren, verliert dadurch aber den wichtigen e-Bauern und landet nach einem weiteren Zeitnotfehler in einer zerrütteten Stellung.
Am 2. Brett kann Mario nicht verhindern, dass sein Gegner nach der Eröffnung rasch die Initiative übernimmt. Nach zäher Verteidigung und einigen Abtäuschen bietet sich ihm die Gelegenheit, durch die Aktivierung seiner Dame ausreichendes Gegenspiel zu erhalten (29.Dd3! nebst Df5 oder Db5). Nach der verpassten Chance ergreift sein Gegner wieder das Heft des Handelns und bringt den Punkt sicher nach Hause.
Anton stellt Turm und Dame früh ins Abseits und bezahlt dafür mit Bauernverlust. Im Endspiel kämpft auch er verbissen und erhält nach gegnerischen Fehlern seine Chance. Nach Springertausch im 43. Zug wäre das Remis unvermeidbar gewesen, so aber kann er dem gegnerischen Freibauern schließlich nichts mehr entgegensetzen.
Franz wickelt zielstrebig in ein klassisches Caro-Kann Endspiel ab, das wegen der Bauernschwäche h5 allerdings eher für den Nachziehenden Chancen bietet. Mit passiver Verteidigung gelingt es Franz lange, die Stellung in der Schwebe zu halten. Nach der Zeitkontrolle kann er mit dem raffinierten 43.Se2! sogar völligen Ausgleich erzielen, das unmittelbare Schlagen auf b5 führt hingegen zu einem verlorenen Turmendspiel.
Symptomatisch für den Mannschaftskampf ist auch der Spielverlauf am 4. Brett. Christian kommt prächtig aus der Eröffnung und gewinnt bald einen Bauern. In der Folge ist sein Spiel jedoch zu unpräzise und noch vor der Zeitkontrolle scheint das Remis unausweichlich. Als er seinen Gegner überlisten und den Turmtausch erzwingen kann, ist das Tor zum Sieg wieder weit offen. Christian ist auf bestem Weg dazu, bis auch er bei fast abgelaufener Bedenkzeit die Partie noch verstolpert und seinem Gegner einen halben Punkt schenkt.
Wie gut, dass es für uns bei diesem Spieltag um nichts mehr gegangen ist, sonst müssten wir uns tatsächlich ärgern über den schlaffen Auftritt. Mit mehr Glück als Verstand haben wir sogar noch den 2. Platz in der Abschlusstabelle gesichert. Dem unangefochtenen Meister Deggendorf gratulieren wir und wünschen – auch im eigenen Interesse – viel Erfolg in der Oberliga.
Unser Saisonrückblick fällt insgesamt positiv aus, die Mannschaft hat spielerisch wie kämpferisch an den allermeisten Spieltagen einen starken Eindruck gemacht. Erfreulich ist vor allem auch, dass im Unterschied zur Vorsaison diesmal fast alle Einzelspieler mindestens eine ordentliche Leistung abgeliefert haben, manche sogar eine richtig gute. Bei der Hinterachse (Bretter 6 bis 8) kam am letzten Spieltag zwar Sand ins Getriebe, über die gesamte Saison hat sie mit 22 von 27 möglichen Punkten dennoch überragend gepunktet. Den Vogel abgeschossen hat Tom, der mit beindruckenden 8 aus 9 sogar Punktbester der gesamten Landesliga Süd geworden ist – herzlichen Glückwunsch und danke nochmals für die feuchtfröhlichen Runden bei der Nachbesprechung im Biergarten!
(cg, 01.05.2017)