Weder für die Gäste aus Unterhaching noch für uns birgt die laufende Landesligasaison noch nennenswerte (Aufstiegs-)Chancen oder (Abstiegs-)Risiken. Dennoch treten beide Mannschaften motiviert auf und es kommen fast durchwegs interessante und umkämpfte Stellungen aufs Brett. Reizvollerweise beleuchten jeweils zwei Partien ein gemeinsames Thema, und so werden sie nachstehend – abweichend von der üblichen chronologischen Darstellung – auch besprochen.
Entscheidung im 11. Zug
Am 2. Brett ist die Partie vorbei, bevor man überhaupt einen Trend aus der Eröffnung erkennen kann. Ron nimmt das frühe Remisangebot seines Gegners auch deshalb an, weil er für die wenigen Züge schon ordentlich Bedenkzeit verbraucht hat. Der Grund dafür liegt auf der Hand: nach 1.Sf3 wird drei Züge später ein seltenes Abspiel des Lettischen Gambits(!) erreicht, so zumindest klassifiziert es ChessBase. Ebenfalls im 11. Zug leistet sich Bernd einen groben Schnitzer, der die Partie direkt entscheiden sollte. Sein Gegner lässt ihn aber glimpflich in ein Turm-Läufer-Endspiel mit Minusbauer entwischen. Die ungleichfarbigen Läufer wecken Remishoffnungen und Bernd kniet sich nochmals rein. Viele Züge später dringt der weiße König im zweiten Anlauf entscheidend ein und Bernd muss doch das Handtuch werfen.
Solide Punkteteilung
Der schwarze Holländer an Brett 3 fliegt zwar nicht, erweist sich aber als überraschend solide. Mario unternimmt mehrere Versuche, die weißfeldrigen Schwächen am Königsflügel auszunützen, aber sein Gegenspieler verteidigt sich geschickt und sichert das verdiente Unentschieden. In einem harmlosen Panov-Abspiel lässt sich Karsten auch nicht von dem Angebot eines zweischneidigen Bauernopfers (12.Lb1!?) aus dem Konzept bringen, nicht viel später sind fast alle Figuren getauscht und das Remis vereinbart.
Start-Ziel-Sieg
An Brett 8 setzt Tobi ein frühes Ausrufezeichen, indem er die vorwitzige schwarze Dame einkreist und bereits im 9. Zug erobert. Sein Gegenspieler erhält dafür zwar prinzipiell genügend Material (Turm, Läufer und Bauer), geht aber schnell an der mangelnden Koordination seiner Stellung zugrunde. Christian macht bei beidseitig langen Rochaden kein Geheimnis aus seiner Absicht, in der c-Linie anzugreifen. Sein Gegner findet kein probates Mittel dagegen und befindet sich nach 24.c5! in einer schwierigen Lage. Die weißen Züge 26.c6!? und 30.Sa5!? sind nett anzuschauen und auch nicht verkehrt, jedoch hätten die profaneren Alternativen 26.Td4! nebst 27.Tb4! bzw. 30.Lxf6! deutlich einfacher gewonnen. Nichtsdestotrotz fährt Christian den Punkt sicher nach Hause.
Figurengewinn nach taktischem Intermezzo
Nach einer petite combinaison seines Widersachers findet sich Franz vor die prekäre Alternative gestellt, ob er ein Turmendspiel mit 2 Minusbauern oder mit Minusläufer weiterspielen soll. Er wählt Letzteres, muss aber den Widerstand bald danach einstellen. Toms Gegner übersieht das eigentlich offen avisierte 21…Sf4+! und büßt einen wichtigen Zentralbauern ein. In der Folge setzt er konsequent auf aktives Gegenspiel und muss nach einem weiteren Fehler eine Figur für Toms Freibauern geben. Mit zwei präzisen Zügen nach der Zeitkontrolle stellt Tom klar, dass seine Mattdrohungen valider sind als die Hoffnungen des weißen b-Bauern auf Geschlechtsumwandlung.
Toms Partie ist auch die letzte des Wettkampfs, der damit mit einem knappen 4,5:3,5 zu unseren Gunsten endet. Beim anschließenden Wirtshausbesuch finden sich die Unterhachinger am Nebentisch ein, denn auch sie haben etwas zu feiern: wegen der übrigen Ergebnisse des Spieltags können sie trotz der heutigen Niederlage nun auch theoretisch nicht mehr absteigen.
(cg, 20.03.2018)