Drei Runden vor Saisonende, drei Mannschaftspunkte Vorsprung auf den engsten Verfolger (unseren heutigen Gegner Münchener SC 2) und drei Musketiere in unseren Reihen – was kann da schon schiefgehen?
Tom reitet als Nachziehender einen scharfen Drachen mit entgegengesetzten Rochaden. Der weiße Angriff scheint schneller voranzukommen, tatsächlich erreicht WGM Babiy nach der Öffnung der h-Linie eine übermächtige Angriffsstellung und erzwingt Toms frühe Aufgabe. Post mortem zeigt Tom, dass das Verriegeln des Königsflügels mittels 18…g5 und nachfolgendem …Sf4 durchaus interessantes Gegenspiel geboten hätte.
Auch am Spitzenbrett ringt sich Karsten zur entgegengesetzten Rochade durch. Das erweist sich als riskant, IM Lapcevic ist in dem scharfen Nimzoinder bestens präpariert. Karsten gelingt es nicht, die komplexen Stellungsprobleme am Brett zu lösen, er büßt in der Folge eine Figur ein und muss kapitulieren.
Mario baut sich in der Eröffnung positionell fein auf, entwertet dann aber seine Bemühungen mit dem Bauerneinsteller 17.f4?. Mit perfekter Selbstkontrolle spielt er weiter, als ob nichts geschehen wäre. Seinen Gegner beschleichen in der Folge zunehmend Selbstzweifel, so dass er naheliegende Verwertungswege auslässt und schließlich, immer noch mit einem gesunden Mehrbauern, einfach Remis anbietet – ein schachpsychologisches Husarenstück.
Tobi findet an seiner Stellung ausgangs der Eröffnung wenig Gefallen. Als sein Kontrahent eine Serie starker Züge aufs Brett stellt, gerät er in die Defensive und verliert entscheidend Material. Damit steht es 0,5:3,5 gegen uns, und da Christians Partie seit längerem erkennbar in den Remishafen unterwegs ist, liegen wir scheinbar hoffnungslos im Rückstand.
Zeit für den Auftritt von d’Artagnan & Co. Bertl ist als Musketier voll in seinem Element. Er wählt eine verwegene Eröffnung, baut Druck am Königsflügel auf und erreicht nach 20 Zügen eine grandiose Angriffsstellung. Diese verwertet er stilsicher mit feiner Floretttechnik, da macht schon das Zuschauen Spaß.
Ron möchte da nicht nachstehen und verschärft sein Duell mit 18.e4! und 19.f4! erheblich. Trotz früh einsetzender Zeitknappheit führt er in der unübersichtlichen Gemengelage den Säbel präziser als sein Gegner und zwingt ihn mit einem letzten fürchterlichen Hieb zur Aufgabe im 40. Zug.
An Brett 6 wird nun auch offiziell Frieden geschlossen. Christian und sein Gegenüber haben sich gegenseitig Standardmanöver im klassischen Slawen vorgeführt. Wenig überraschend endet die Partie nach der Zeitkontrolle mit einem korrekten aber etwas faden Unentschieden.
Unser Schicksal liegt nun in den Händen von Zen-Meister Uli, der heute den buddhistischen Lehrspruch „Konzentration und Geduld weisen den Weg“ verkörpert. Einen im Mittelspiel angebotenen Gambitbauern verspeist er erst nach wohlüberlegten Vorbereitungszügen. Es folgt eine längere Konsolidierungs- und Manövrierphase. Mit 43…f4! nimmt Uli die Zügel wieder in die Hand und entsendet seine Dame zu einem weiteren Bauernraub. Danach kehrt sie sofort ins eigene Lager zurück um die erneute Konsolidierung zu koordinieren. Endlich setzen sich die schwarzen Freibauern am Damenflügel in Bewegung, um die Entscheidung zu erzwingen. Ganz zum Schluss verlässt Uli dann doch noch die Geduld, nach der verfrühten Bauernumwandlung hätte sein Gegner tatsächlich Dauerschach gehabt. Dieser ist aber inzwischen zermürbt, gibt das falsche Schach und danach auf.
Unsere drei Musketiere haben uns in verzweifelter Lage herausgehauen und das wertvolle Mannschaftsremis gerettet. So haben wir weiterhin drei Mannschaftspunkte Vorsprung auf die Verfolger und können den Schlussrunden mit Zuversicht entgegensehen.
(cg, 02.03.2020)